Wie kann Yoga helfen, Dein Denken zu verändern? Teil 2

Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Yogastunden. Meine gesamte Konzentration auf dem Atem gerichtet zu lassen, fiel mir ziemlich schwer und rasch meldeten sich verschiedenste Stimmen in meinem Kopf.

Wie langweilig ist denn das? Was genau soll das denn bringen? Oh, lass mich doch einfach einen Moment ruhen! Oder meine Aufmerksamkeit sprang zu all den To-Do-Listen und die naheliegende Frage dazu: wie soll ich denn dies bitte alles schaffen? Und weitere Besucher tauchten gleichzeitig im Kopf auf: das Gefühl von Frust und manchmal auch Überforderung.

All das nur, weil die Yogalehrerin zur Konzentration auf den Atem aufforderte!

 

Erstens kenne ich mittlerweile den physiologischen Effekt einer tiefen Atmung auf unsere verschiedensten Systeme, doch das soll hier nicht weiter ausgeführt werden, ausser dass wir den Fakt festhalten, dass eine tiefe und lange Ein- und Ausatmung direkten Einfluss auf unser Nervensystem hat und zwar auch auf unser vegetatives Nervensystem, dass willentlich nicht beeinflusst werden kann. Je ruhiger unser Nervensystem, desto ruhiger auch die Bewegungen und Aktivitäten in unserem Kopf.

 

Zweitens verstehe ich nun die Absicht, die hinter der Konzentration auf den Atem steckt. Es ist das sich Üben, die Konzentration auf eine einzige Sache gerichtet zu halten.

Im Yogasutra, dem wichtigsten Leitfaden des Yoga, heißt es: tatra sthitau yatnah abhyasa
"Mit Hilfe von Übungen standhaft bei einem gewählten Thema zu bleiben ist Abhyasa (=beharrliches Üben). Beharrlich zu üben bedeutet, die Gefühle und die Gedanken auf ein Thema gerichtet zu behalten", schreibt R. Sriram in seiner Erläuterung zu diesem Vers.

In weiteren Versen wird erläutert, dass durch das Üben der Konzentration Gedanken und Gefühle ihren Einfluss auf uns verlieren. Aber was soll das bedeuten?
Nun, Gedanken und Gefühle beeinflussen unser Handeln und Wohlbefinden. Haben wir fröhliche Gedanken und fühlen uns glücklich, scheint das Leben einfach und voller Farben. Sind wir traurig, verzweifelt oder wütend, fallen uns Entscheidungen und die Erledigung von Aufgaben schwer. Beide Pole gehören zum Leben, ohne das Negative wüssten wir nicht, was das Positive ist. Wir brauchen das eine für das andere. Wenn wir Konzentration üben, um Gedanken und Gefühlen ihren Einfluss zu nehmen, heisst das nicht, sie zu ignorieren oder abzulehnen.
Es heisst lediglich, zu üben, uns nicht einnehmen zu lassen von diesen Gedanken und Gefühlen. Es heisst, eine Beobachterhaltung zu bewahren und bewusst wahrzunehmen, welche Gedanken oder Gefühle, wollen uns ablenken.


Bei mir waren es zu Beginn: die Stimme der Langeweile, die Stimme der Besserwisserin und die Stimme der Gestressten. Mit der Übung erreichen wir, dass Gedanken und Gefühle kommen und wieder gehen und wir uns nicht mehr ständig mit ihnen identifizieren. Und es kann auch bedeuten, dass wir weniger lange in einer negativen Haltung verharren. Denn wir wissen, dass wir die Macht haben unsere Gedanken jeden Moment neu auszurichten.

So lernen wir das "meinende Selbst" besser und besser kennen mit der langfristigen Absicht das "wahre Selbst" mehr und mehr zu erforschen und zu entdecken. 

Ich habe das Beispiel von der Konzentration auf den Atem gewählt, natürlich gibt es unzählige Möglichkeiten, Konzentration zu üben. In der Bewegung, liegt die Konzentration auf deinem Körper. Bei einem Spaziergang kannst du die Konzentration ausschliesslich auf deine Augen und die Umgebung ausrichten oder beim Kochen kannst Du die ganze Aufmerksamkeit auf dein Tun richten.

 

Ich wünsche Dir ganz viel Spass beim Üben!
Sandra

Sandra Schönmann, samiya-yoga.ch und evolution-retreats.ch
Sandra Schönmann, samiya-yoga.ch und evolution-retreats.ch

 

 

 

Interessierst Du Dich für das Yogasutra? Die Verse sind sehr schwierig zu lesen und bedürfen Erklärungen und Interpretationen. Ich empfehle Dir dieses Buch.

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