Wie kann Yoga helfen, Dein Denken zu verändern? Teil 1

Im 2 Jh. n. Chr. schrieb Patanjali das  Yogasutra. Sutra bedeutet Leitfaden, also ein Leitfaden des Yoga. Diese Schrift wird als Standardwerk des Yoga betrachtet und umfasst 195 Verse. 
Erstaunlicherweise handeln nur wenige Verse von Körperübungen (Asanas) und Atemübungen (Pranayama), die meisten Verse handeln vom Geist und seinen Aktivitäten, also über das Denken eines Menschen.


Ich mag das Wort "Geist" nicht so, ich stell mir da immer so ein kleines Gespenst vor. Ich benutze lieber das englische Wort "Mind" oder auch "Citta", was in Sanskrit so viel bedeutet wie das meinende Selbst.
Was bedeutet das "meinende Selbst"? Das meinende Selbst sind unsere eigenen Gedanken, Gefühle und Erinnerungen. Es ist, was Du von der Welt denkst und was Du wahrnimmst. Es ist Deine Vorstellung von der Welt, aber muss nicht unbedingt die Wahrheit oder Realität sein. Deshalb sagen wir im Yoga: "Du bist nicht Deine Gedanken!" Dein meinendes Selbst bewertet und urteilt über Menschen und Situationen, doch das ist eine Meinung, deine Meinung.

Diese Erkenntnis ist der erste Schritt, Dein Denken zu verändern.

Unser Denken ist komplex. Gleichzeitig einfach, wenn wir verstehen lernen, wie das Denken funktioniert! Wir denken 60'000 bis 80'000 Gedanken pro Tag und circa 70% unserer Gedanken wiederholen sich täglich. Meistens laufen wir auf Autopilot, d.h. wir funktionieren aus Gewohnheit und handeln aus dem Unterbewusstsein.
Ist es da ein Wunder, dass wir uns manchmal machtlos fühlen? Dass wir oft das Gefühl haben, das Denken geschieht automatisch und wir können es nicht beeinflussen?

 

Die Zeit auf der Yogamatte oder in der Meditation öffnet den Raum, zu beginnen, das eigene Denken mit all den Gedanken, Gefühlen, Glaubenssätzen und Samskaras (Sanskrit: Prägungen aus der Vergangenheit, die nicht erloschen sind) zu beobachten und kennen zu lernen.

So kommen wir zum zweiten und dritten Schritt, wie Yoga Dir hilft, Dein Denken zu verändern: Dir Zeit nehmen und zu beobachten. Erst wenn Du Dein Denken beginnst, zu verstehen, wirst Du es verändern können.
Und sind wir ehrlich, das ist eine Lebensaufgabe! Wie können wir 60'000 Gedanken komplett verstehen?


Es heisst in den Schriften:
Yoga cittavrtti nirodha - Yoga ist der Zustand, in dem Bewegungen des Citta (des meinenden Selbst) in eine dynamische Stille übergehen.
Zitat aus Patanjali - das Yogasutra von R. Sriram

Das ist definitiv eine Lebensaufgabe und kann kaum mit 90 Minuten Yoga-(Körper-)Übungen pro Woche erreicht werden, oder was meinst Du?

Meiner Meinung nach ist es eine Aufforderung, einen Weg zu beschreiten, eine Reise zu beginnen. Eine Aufforderung unser Denken zu untersuchen und Schritt für Schritt unsere Macht über die eigenen Gedanken zurück zu holen.

Es bedeutet, tägliches Üben und Hinhören. Es wird nicht von alleine kommen, es kann Dir dabei kein Arzt helfen oder keine Pille diesen Weg erleichtern.

 

Mach Dich also auf diese Reise und erforsche Deine Gedanken und Gefühle! Lerne die Stimmen und Besucher in Deinem Kopf kennen, hinterfrage deine Glaubenssätze und finde Deine Samskaras. Es lohnt sich!

Sandra

Sandra Schönmann, samiya-yoga.ch und evolution-retreats.ch
Sandra Schönmann, samiya-yoga.ch und evolution-retreats.ch

 

 

 

Interessierst Du Dich für das Yogasutra? Die Verse sind sehr schwierig zu lesen und bedürfen Erklärungen und Interpretationen. Ich empfehle Dir dieses Buch.

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Kommentare: 1
  • #1

    Jespen Merla (Donnerstag, 04 November 2021 10:52)

    Der Artikel regt wirklich zum Nachdenken an. Ich praktiziere schon nun seit einer Weile Yoga und befinde mich noch immer auf meiner ganz persönlichen Reise durch meine Gedanken. Weil ich nicht in Brig lebe, kann ich Sandras Yogastunden leider nicht besuchen (dafür lese ich ihren Blog aber mit umso mehr Freude!). Für alle anderen, die sich auch auf die Yogareise wagen wollen, aber leider auch zu weit entfernt vom Samiya Yoga leben, kann ich eine gute Empfehlung geben. Bei https://heysports.io/ findet ihr die Studios in eurer Stadt und könnt sie auf einen Blick miteinander vergleichen. So hab ich damals mein Studio gefunden, wo ich regelmäßig übe und ich habe es nie bereut! LG, Jespen